31. August 2022
Landesregierung unterstützt den Aufbau einer Energieimport-Infrastruktur für LNG und Wasserstoff(derivate) in Brunsbüttel
Die aktuelle Energie- und Gaskrise, ausgelöst durch den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, stellt nicht nur private Haushalte, sondern auch die energieintensiven Industrieunternehmen im ChemCoast Park Brunsbüttel, dem größten zusammenhängenden Industriegebiet in Schleswig-Holstein, vor massive Herausforderungen. Denn Erdgas wird von den im ChemCoast Park ansässigen Unternehmen derzeit noch als Energieträger und Rohstoff für die Produktion eingesetzt, bis es zukünftig durch grünen Wasserstoff ersetzt werden soll. Eine kontinuierliche, zuverlässige Gasversorgung ist deshalb elementar, um die Produktionsprozesse, die eine jährliche Bruttowertschöpfung von ca. 870 Mio. Euro generieren, unterbrechungsfrei und wirtschaftlich aufrecht zu erhalten. Rund 12.500 Arbeitsplätze, davon 4.500 direkt in Brunsbüttel, sind vom ChemCoast Park Brunsbüttel abhängig und werden vom Deutschen Gewerkschaftsbund Bezirk Nord als „gute Arbeit“ bezeichnet. Sie leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass die privaten Haushalte ihre steigenden Gasrechnungen weiterhin bezahlen können. Damit das so bleibt, ist eine schnellstmögliche Umsetzung der Energie-Import-Infrastruktur für LNG und Wasserstoff(derivate) in Brunsbüttel für die Energiesicherheit und Dekarbonisierung der Industrie unerlässlich.
Dies hob die Werkleiterrunde des ChemCoast Park Brunsbüttel in ihrem Energiedialog im Rahmen des heutigen Brunsbütteler Industriegespräches „Spezial“ gemeinsam mit Tobias Goldschmidt, Minister für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur des Landes Schleswig-Holstein, und Julia Carstens, Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium des Landes Schleswig-Holstein, sowie weiteren hochrangigen Gästen hervor. Über eine FSRU (Floating Storage and Regasification Unit) soll im Brunsbütteler Elbehafen bereits zum Jahreswechsel LNG importiert werden. Mittel- und langfristig soll in Brunsbüttel ein landseitiges LNG-Import- und Distributionsterminal errichtet werden, welches perspektivisch auch für grüne Energieträger genutzt werden soll und somit als Multi-Energie-Terminal fungieren wird. Zudem plant der Energiekonzern RWE den Bau eines Importterminals für grünes Ammoniak (als Wasserstoffderivat) in unmittelbarer Nachbarschaft zum landseitigen LNG-Terminal, sodass langfristig eine Energie-Import-Infrastruktur für grüne Energieträger entstehen wird.
Frank Schnabel, Sprecher der Werkleiterrunde des ChemCoast Park Brunsbüttel und Geschäftsführer der Brunsbüttel Ports GmbH / SCHRAMM group, hebt hervor: „Wir arbeiten mit einem großen Team mit Hochdruck rund um die Uhr daran, dass die FSRU zum Ende des Jahres in Brunsbüttel in Betrieb genommen wird. Außerdem arbeitet das Unternehmen Gasunie bereits an der Anschlussleitung, die zum Ende des Jahres fertiggestellt werden soll und die FSRU mit dem Gasnetz der SH-Netz verbinden wird. Parallel arbeiten wir außerdem an dem landseitigen LNG Import- und Distributionsterminal bzw. Multi-Energie-Terminal, das über eine H2-ready Pipeline an das deutsche Gasnetz angebunden wird, sodass Brunsbüttel eine Schlüsselrolle für die zukünftige und nachhaltige Versorgungssicherheit Deutschlands zukommt. Dies unterstreicht, dass sich Erdgas als Brückentechnologie und erneuerbare Energieträger nicht ausschließen, sondern sich hervorragend ergänzen, um eine gesicherte Energieversorgung im Rahmen der Energiewende zu ermöglichen. Brunsbüttel ist hierfür der ideale Standort – nicht nur aufgrund der großen industriellen Nachfrage, sondern auch aufgrund der besonders guten Voraussetzungen für Störfallbetriebe, die aufgrund der entsprechenden Infrastruktur und der jahrzehntelangen Erfahrung vor Ort geboten werden. Deshalb begrüßen wir es sehr, dass sich auch die neue Landesregierung klar zum Aufbau einer Energie-Import-Infrastruktur in Brunsbüttel bekennt. Nun ist es wichtig, dieses wichtige Projekt in beschleunigten Planungs- und Genehmigungsverfahren zum Abschluss zu bringen.“
Denn für die erfolgreiche Umsetzung der geplanten Projekte zur Sicherstellung der deutschen Energieversorgung braucht es vor allem eins: Eine aktive Energie- und Industriepolitik seitens der neuen Landesregierung. „Die neue LNG Infrastruktur in Brunsbüttel kann einen wichtigen Beitrag zur Versorgungsicherheit im Land leisten und genießt hohe Priorität. Wir befinden uns im Sprint und werden die Zulassungsverfahren für die erforderlichen Anlagen so schnell wie möglich rechtsicher zum Abschluss bringen. Den Rahmen dafür hat die Politik durch eine enge Begleitung der Verfahren und die Bereitstellung der benötigten Kapazitäten in Rekordtempo geschaffen. Nun ist es entscheidend, dass alle Beteiligten ihre Hausaufgaben machen und auch weiterhin die Bereitschaft haben die nötigen Extrameilen zu gehen. Aber auch über das Thema LNG hinaus ist Brunsbüttel für mich von großer Bedeutung. Der Standort hat sich auf den Weg gemacht, Innovationsstandort für klimaneutrale Industrie zu werden. Grüner Wasserstoff ist der Dreh- und Angelpunkt dafür. Deshalb wird die Landesregierung auch weiterhin Wasserstoffprojekte fördern und den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft aus heimischer Erzeugung mit Hochdruck vorantreiben. Schleswig-Holstein kann gestärkt aus der Krise hervorgehen und Brunsbüttel ist ein Chancenraum dafür“, sagte Energieminister Goldschmidt im Rahmen seines Besuchs.
Dem ChemCoast Park Brunsbüttel wird im Zuge der angestrebten Dekarbonisierung der Industrie folglich eine besonders relevante Rolle zuteil. Als Knotenpunkt für diverse nachhaltige Energiequellen, so wie bereits heute durch die Anlandung von großen Mengen Windstrom, ergeben sich in Brunsbüttel ideale Voraussetzungen für die Produktion synthetischer Kraftstoffe und e-chemicals in dekarbonisierten Prozessen.
Die Energiekrise bringt demnach nicht nur Risiken und gesamtgesellschaftliche Herausforderungen mit sich. Vielmehr ergeben sich auch Potenziale und Chancen. Staatssekretärin Carstens unterstreicht: „Die Chancen für die dekarbonisierte industrielle Wertschöpfung sind in Brunsbüttel so groß wie nie zuvor. Die Verfügbarkeit diverser, zunehmend grüner Energieträger ist eine echte Chance für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Standortes und für Neuansiedlungen.“
Maßgeblich beeinflusst wird die künftige Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung und der Werkleiterrunde auch durch den neuen Brunsbüttel-Koordinator, Staatssekretär Joschka Knuth aus dem Energiewendeministerium. Im Rahmen der Veranstaltung verkündete Energiewendeminister Goldschmidt offiziell dessen Übernahme des Amtes. Als Sprecher der Werkleiterrunde gratulierte Frank Schnabel dem Staatssekretär: „Die Unternehmen des ChemCoast Parks freuen sich sehr auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit Herrn Knuth in seiner neuen Funktion als Brunsbüttel-Koordinator. Ab sofort werden wir gemeinsam tätig und packen die Energiewende an, um aktiv für eine schnellstmögliche Umsetzung zu sorgen. Wir wollen nicht nur reden, sondern „machen“, damit nicht nur die Region und das Land Schleswig-Holstein profitieren, sondern ganz Deutschland.“
Für die Energie-Import-Terminals und die zukünftig dekarbonisierte Industrie ist nach wie vor auch eine leistungsstarke Infrastrukturanbindung unabdingbar. Dabei liegt der Fokus vor allem auf dem dreispurigen B5-Ausbau von Wilster bis Brunsbüttel, dem Ausbau und der Elektrifizierung der Schienenanbindung Brunsbüttel-Wilster/Itzehoe und dem Weiterbau der A20 inkl. westlicher Elbquerung. „Nur, wenn auch diese Infrastrukturmaßnahmen mit Nachdruck umgesetzt werden, ist es möglich, den Energiestandort Brunsbüttel weiter zu stärken und damit zu einer zukunftsfähigen bundesweiten Energieversorgung beizutragen“, so Schnabel abschließend.