09. Februar 2022
Industriepolitisches Bündnis gefestigt
Gewerkschaften, Industrie und Politik fokussieren gemeinsam auf die Stärkung des Energie-Zukunftsstandortes ChemCoast Park Brunsbüttel
Aktuelle Entwicklungen am Energiemarkt und steigender Energiebedarf unterstreichen die Bedeutung des Energie-Zukunftsstandortes Brunsbüttel für Schleswig-Holstein und für die Bundesrepublik Deutschland. Industrie schafft gute Arbeitsplätze und Wohlstand. Bahnausbau wichtiger denn je.
Eine sichere, zukunftsorientierte Energieversorgung, gute Arbeit durch Industriearbeitsplätze und eine moderne, leistungsstarke Infrastrukturanbindung per Schiene, Wasser und Straße – dafür steht das industriepolitische Bündnis, das heute in Brunsbüttel in einem Gespräch mit Pressevertretern gefestigt und fortgeschrieben wurde. Gemeinsam mit Dr. Bernd Buchholz (Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus des Landes Schleswig-Holstein) und Laura Pooth (Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Bezirk Nord) bekräftigte die Werkleiterrunde des ChemCoast Park Brunsbüttel die seit 2015 bestehende Zusammenarbeit, um die Industrie im Norden weiter zu stärken. Auch weitere Teilnehmer u.a. aus der Bundes- und Landespolitik, aus Verwaltung, Wirtschaft und Verbänden sowie weitere Akteure aus der Region nahmen digital an der Hybridveranstaltung teil.
Frank Schnabel, Sprecher der Werkleiterrunde im ChemCoast Park Brunsbüttel und Geschäftsführer der Brunsbüttel Ports GmbH / SCHRAMM group, hebt vor dem Hintergrund der derzeitigen internationalen Entwicklungen und dessen Auswirkungen auf den Energiemarkt hervor: „Die aktuellen Energiepreise und die Versorgungssicherheit mit Elektrizität und Gas sind für uns alle von höchster Bedeutung. Dies betrifft sowohl die energieintensive Industrie vor Ort als auch alle privaten Haushalte. Um den wachsenden Energiebedarf Deutschlands ökologisch und ökonomisch decken zu können, ist es erforderlich, weitere Infrastrukturen für den Energie-Import zu schaffen. Bei uns im ChemCoast Park Brunsbüttel gibt es dazu konkrete Planungen, die uns zu einem bedeutenden Energie-Zukunftsstandort machen. LNG (Liquefied Natural Gas) aus dem Weltmarkt als Ergänzung und Alternative zu Pipelinegas aus Russland stellt dabei eine wichtige und notwendige Brücke dar, bis sich grüner Wasserstoff als Zukunftstechnologie etabliert hat.“ Dies unterstreicht zum einen die Entscheidung der Europäischen Union im Rahmen der EU-Taxonomie, Gas als klimafreundliche Energiequelle zu kategorisieren, und zum anderen das Ziel der deutschen Bundesregierung, die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu senken. Aus diesem Grund ist die Errichtung eines LNG Import- und Distributionsterminals in Brunsbüttel von besonderer Bedeutung, da perspektivisch diese Infrastruktur auch für den Import grüner Energieträger wie z.B. Wasserstoff erweitert werden kann. Zusätzlich werden täglich große Mengen regenerativer elektrischer Energie aus Windkraft (Onshore wie Offshore) an der Westküste produziert, die in Projekten wie z.B. der „Westküste 100“ auch zur Produktion von grünem Wasserstoff genutzt werden kann.
Auch Minister Dr. Buchholz bezeichnet Brunsbüttel als „bestens geeignet für ein deutsches LNG-Importterminal“ und als hervorragenden Energieimport-Standort. Vor diesem Hintergrund begrüßt er besonders die Entscheidung der Viridi Energy GmbH, im Industriegebiet rund 100 Millionen Euro in den Bau einer Anlage zur Herstellung von grünem Methanol zu investieren. Viridi ziele auch auf eine Schiffskraftstoff-Versorgung über den Elbehafen, was den LNG-Importterminal ergänzen würde, so Buchholz.
Der Minister erinnert vor diesem Hintergrund daran, dass der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur an der Westküste für die Landesregierung weiterhin hohe Priorität habe. So konnte der dreistreifige Ausbau der B5 zwischen Itzehoe und Wilster letztes Jahr termingerecht abgeschlossen werden. „Und auch für eine Fortführung des B5-Ausbaus bis Brunsbüttel sowie des Ausbaus der Bahninfrastruktur samt elektrifiziertem Gleis ins Industriegebiet werde ich mich beim Bund weiterhin massiv einsetzen“, versprach Minister Dr. Buchholz.
Die Verfügbarkeit von Energie stellt insbesondere für die energieintensiven Unternehmen der Industrie einen bedeutenden Standortvorteil dar. Der ChemCoast Park Brunsbüttel als größtes zusammenhängendes Industriegebiet Schleswig-Holsteins mit internationalen Konzernen und inhabergeführten Mittelständlern verschiedener Branchen wie der Chemie-, Mineralöl- und Energiewirtschaft oder auch der Logistik- und Hafenwirtschaft beeinflusst rund 12.500 Arbeitsplätze, darunter knapp 4.500 direkt am Standort. Daraus ergibt sich eine jährliche Bruttowertschöpfung von rund 870 Mio. Euro, wie in einer regionalökonomischen Studie ermittelt wurde. Erst am vergangenen Donnerstag hat der Deutsche Gewerkschaftsbund seine Industriestudie mit dem Ergebnis veröffentlicht, dass Wohlstand von der Industrie und seinen Arbeitsplätzen abhängt. Dazu DGB-Nord Vorsitzende Laura Pooth: „Jetzt braucht es eine aktive Industriepolitik der Landesregierung in Kiel und eine verstärkte norddeutsche Zusammenarbeit. Der Bund hat Tempo bei wichtigen industriepolitischen Entscheidungen angekündigt, Taten müssen folgen. Und auch das Land muss diesen Schwung aufnehmen, denn die konkreten Fragen der Umsetzung der Energiewende und einer guten Infrastruktur entscheiden sich vor Ort. Dazu gehören zum Beispiel auch gut ausgestattete Planungs- und Genehmigungsbehörden, welche schnell die Grundlagen für die Investitionsentscheidungen der Zukunft treffen können. Das muss Chefsache sein. Das alles gibt es nicht zum Nulltarif, sondern erfordert auch deutlich mehr öffentliche Investitionen.“
Die ansässigen Unternehmen investieren aktuell hohe dreistellige Millionenbeträge in ihre Anlagen. Dies unterstreicht, dass der ChemCoast Park Brunsbüttel nicht nur ein wichtiger Energiestandort, sondern ebenfalls ein attraktiver Produktionsstandort ist. Um die Attraktivität auch für Neuansiedlungen noch weiter zu steigern, ist die Investition in eine leistungsstarke, nachhaltige Hinterlandanbindung, allem voran in die Zweigleisigkeit und Elektrifizierung der Bahnstrecke Brunsbüttel – Itzehoe, unabdingbar. Nur mit einer modernen Bahnanbindung ist es möglich, die wachsenden Gütermengen in den Bereichen der Rohstoffimporte, Produktexporte und Energieversorgung im Sinne der Klimaziele der Bundesregierung, der Unternehmen vor Ort und ihrer Kunden zu transportieren. Außerdem sind auch der Weiterbau der A20 inkl. westlicher Elbquerung bei Glückstadt sowie der Lückenschluss des dreistreifigen Ausbaus der B5 bis Brunsbüttel für eine leistungsstarke Hinterlandanbindung zwingend erforderlich.
„Aufgrund der energiepolitischen Entwicklungen haben wir Rückenwind von der Bundesregierung in Berlin, der für unseren Zukunftsstandort eine echte Chance bietet. Deshalb freut es mich umso mehr, dass wir unser industriepolitisches Bündnis einmal mehr bekräftigen, um gemeinsam für unseren Standort an einem Strang zu ziehen. Nur im Schulterschluss mit Gewerkschaften und Politik ist es möglich, gemeinsam mit der Bundesregierung kurzfristig erforderliche energie-, wirtschafts- und verkehrspolitische Rahmenbedingungen zu schaffen und den Industrie- und Energiestandort Brunsbüttel mit bundesweiter Bedeutung weiter auszubauen“, so Schnabel abschließend.